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Tag 8
Immer der Route R104 entlang, Richtung Westen, bis zum Atlantik
Tafraoute (Das Tal der Ammeln) –„Bunte Steine“ von Jean Vérame–Überquerung des Anti Atlas – Tiznit – Mirleft (Atlantikküste)
In diesem Land wird man unweigerlich immer um 5.00h früh geweckt. Wie aus dem Nichts erschallt ein leises dann immer lauter werdendes „Allah…!“, das dann schließlich und endlich in einen Kanon endet da jede Moschee eine andere Zeit zu haben scheint und so alle versetzt die Gläubigen zum Gebet mahnen. Dann ist wieder Stille. Der Beginn des allmorgendlichen Erwachens auf Etappen hat begonnen. Es ist noch dunkel. Einmal umgedreht und den 2ten Anlauf genommen – da geht noch was.
Heller Lichterglanz bricht durchs Fenster. Unser Maotempel-artiges Hotel liegt auf einem Hügel. Der Blick über Tafraoute, eingebettet im Tal der „Granitblöcke“, wäre grandios würde das Stadtbild mehr hergeben. Nein, da gibt es schönere Ansichten und diese von hier aus gehört nicht dazu. Ich blicke über ein Heer von Taschen und denke mir jetzt schon bloß nichts zu vergessen.
Der von uns bewohnte Tempel ist alt und groß. Gang links, rechts dann Zwischenetage, Treppe runter rechts, rechts (GPS-verdächtig) und wieder ein paar Stufen runter, am Concierge vorbei, bei drei riesigen Doppeltüren die alle in verschieden Richtungen gehen entscheide ich mich richtig und bin schon in einem gigantisch leeren Speisesaal. Wir nehmen das Frühstück ein. Lagebesprechung. Petra und Oli wollen zu den „Blauen Steine“ und in das „Tal der Ammeln“ radeln und sonst irgendwie die Gegend erkundigen. Joseph tendiert eher zur Stadtbesichtigung ich tendiere zum Nervenzusammenbruch ob der Internetleistung und dem was alles noch zu berichten ist. Ich nehme den Kampf auf und postiere mich in der Nähe des „Routers“ also genau in der dunkelsten Ecke des Hauses zwischen Concierge und Bar. Laptop-Akku fast leer. Ich brauche eine Steckdose und zwar hier oder ich fahre sonst mit „Dr. Watson“ in die Halle, denn der hat zwei. Das Personal zeigt sich verständlich und hilft mir beider Suche. Wir werden fündig, ca. 5m von meinem Platz. Ich zücke mein 10m langes Verlängerungskabel zum Erstaunen der anderen. Grundausstattung! Bin wieder im Flow.
Schreibe Texte, wähle und schneide Bilder, die Zeit vergeht. Mein Handy klingelt. Oli ist dran – kann nicht Gutes bedeuten. Doppel- Platten! Oli kommt ins Hotel. Bei der Fahrt ins Gelände sei es passiert. Der Radmantel gleicht einem Wüstenigel anscheinend stehen Argandornen auf deutschen Gummi. Wieder was dazugelernt – Arganbäume, böse Bäume!
Ich bin noch mit dem Post beschäftigt. Die Endloskarawane der Taschen wandert ans Auto. Die anderen packen. Wir treffen uns Zentrum von Tafraoute – Spät mittags. Ich gehe noch zum Barbier und lasse mir den Oberlippenbart stutzen – was für eine Wohltat.
Wir legen ab und haben den Atlantik im Visier. Auf dem Weg aus der Stadt können wir die Granitformationen bestaunen. Wie große Legosteine aufeinander getürmt stehen sie vor uns da. Ein großer Spielplatz für Giganten. Unterbrochen von gerissenen Fetzen an Grün von Bäumen und Büschen lädt die Szenerie zum Verweilen ein – aber die Zeit drängt. Ein Schild jedoch lässt alles vergessen: Zu den blauen Steinen“ Wir und Dr. Watson bestehen darauf und lassen uns das nicht entgehen. Kunst oder Humbug, das soll jeder für sich im Stillen entscheiden. Auf mich wirkt es imposant und erinnert mich sehr an Christo. Der eine mit Farbe der andere mit Stoff.
Es geht weiter und höher. Wir überqueren den letzten Pass. Zwischen den Bergspitzen kann man den Atlantik schon sehen. Vor uns grandiose Schluchten, Täler, Gebirgsformationen, Landschaftsformen, immer im Wechsel von Farbe, Licht und Geometrie, immer in neuer Komposition. Wir stoßen an die Grenzen unserer Aufnahmekapazität. Es ist ein gigantisches Kaleidoskop. Nichts geht mehr. Die totale Überdosis.
Wir verlassen den Anti Atlas und kommen nach Tiznit. Die Stadt wirkt sauber und dermaßen aufgeräumt dass wir erstaunt sind. Noch ein paar Kilometer trennen uns von der Küste. Ich gebe Gas, denn keiner hat Lust wieder in der Nacht auf Quartiersuche zu gehen. Rechts geht soeben die Sonne unter. Muy, muy pittoresque!
Polizeikontrolle! Angemerkt an dieser Stelle sei, dass es auch bei uns Polizisten gibt die so oder so sind. Wir haben das Glück auf diese unangenehme Art zu treffen. Darf aussteigen und mich in die Schlange stellen. 300 Dirham sind wir los. Sicherheitsgurt nicht angelegt. Auch gut und Tschüss.
Endlich treffen wir in Mirflet ein, einem kleinen Städtchen an der Steilküste. Wir suche das Hotel „3 Chameaux“ das sich am höchsten Punkt auf einem Hügel über der Stadt befindet. Ein ehemaliges französisches Fort aus dem Jahre 1935 geschmack- und liebevoll zum Hotel umgebaut – und da war es wieder „the magic feeling“. Wir werden in dem Offiziershaupthaus untergebracht. „Mustafa kümmert sich gleich um den offenen Kamin“ heißt es an der Rezeption. „We are utterly delighted“ so unsere Antwort. Nach all den Tagen stellt sich jetzt das Bedürfnis nach Ruhe ein. Die Grundlagen hierfür sind mehr als gegeben. Wir überblicken das Lichtermeer von Mirleft und hören entfernt das Meeresrauschen. Die Luft ist komplett anders im Geschmack. Ich denke an meine Freunde in Südafrika, an das Volvo Ocean Race, an das bevorstehende Ende der Reise, die Posts die noch ausstehen und wann wir endlich unseren „Day Off“ bekommen.
Nach dem gemeinsamen Abendessen ziehen wir uns alle auf unsere Zimmer zurück. Wir brauchen nicht lange um gut und fest einzuschlafen. Ich lausche dem sterbenden Feuer im Kamin und denke mir ob es den Lautsprechern der Moschee gelingt um 5.00h früh auch bis hierher hörbar zu sein.
Dann bin ich auch schon weg…
Na meine Lieben das is ja aufregend. Bei mir zieht der Winter langsam ein.
Bin ab dem Wochenende in Uttendorf und ab 5.12 wieder am Arlberg.
Auf ein baldiges Wiedersehen, Gruss Thomas.
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